GmbH aktuell: Die Online-Gründung

Worum geht’s?
… um eine bedeutende Entwicklung im Gesellschaftsrecht: Die Digitalisierung der Gesellschaftsgründung. Künftig können GmbHs online gegründet werden, das heißt ohne Präsenzpflicht beim Notar.

Was steckt dahinter?
Europarecht bzw. die Erleichterung der Niederlassungsfreiheit. Konkret geht es um die Umsetzung der europäischen Digitalisierungsrichtlinie RL 2019/1151/EU in das deutsche Recht. Das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) tritt zum 01. August 2022 in Kraft.

Was bedeutet online GmbH-Gründung genau?
Die Gründung einer GmbH bedarf der notariellen Beurkundung. Bislang ist dafür die Präsenz der Gründer oder deren Vertreter beim Notar verpflichtend. Ab August 2022 ist unter bestimmten
Voraussetzungen eine Beurkundung mittels Videokommunikation – also ohne Präsenz beim Notar – möglich.

Und was bedeutet Videokommunikation in diesem Fall genau?
Die Videokommunikation wird über das so genannte Gründer-Portal der Bundesnotarkammer erfolgen. Das Gründer-Portal ist ein von der Bundesnotarkammer betriebenes Videokommunikationssystem. Dieses erfüllt höchste Anforderungen an Datensicherheit und Qualität. Das Gründer-Portal ermöglicht den Notaren die Vornahme von bestimmten Urkundstätigkeiten mittels Videokommunikation. An der Beurkundung der GmbH-Gründung durch einen Notar ändert sich also nichts. Diese wird lediglich digitalisiert. Die notarielle Beratung fällt durch die Online-Gründung also nicht weg. Eine „Offline-Gründung“ in Präsenz beim Notar ist nach wie vor möglich. Nicht möglich ist die Online-Gründung über andere Portale wie etwa Microsoft-Teams, Webex oder Zoom. Diese privaten Plattformen sind für die Online-Gründung nicht zugelassen.

Was braucht man für eine solche Online-Gründung?
Es wird lediglich ein PC oder ein Tablet mit Webcam, Mikrofon und Internetverbindung sowie ein Smartphone mit NFC-Technologie benötigt. Weitere zusätzliche Hard- oder Software braucht man nicht.

Ferner benötigt man einen elektronischen Identitätsnachweis. Ausreichend dafür sind u.a. der deutsche Personalausweis. Für die online-Beurkundung muss die eID-Funktion freigeschaltet und der Ausweis-PIN zur Hand sein. Falls das Ausstellungsdatum des Personalausweises vor August 2021 liegt, wird zum Auslesen des Passfotos ergänzend noch der Reisepass benötigt.

Wie genau läuft eine Online-Gründung ab?
Der Notar verliest die Urkunde zur Gründung der GmbH. Dabei handelt es sich um die so genannte Mantelurkunde inklusive der Satzung. Über diese Verhandlung nimmt der Notar eine elektronische Niederschrift auf, welche dann von den Beteiligten mittels qualifizierter elektronischer Signatur signiert wird. Dies ist über das Videokommunikationssystem möglich.
Ein Lesegerät ist nicht erforderlich. Die Fernsignatur erfolgt über eine App der Bundesnotarkammer, welche die Beteiligten vor der Beurkundung durch das Scannen eines Barcodes und durch das Klicken auf einen Link öffnen können. Konkret stellt das Rechenzentrum der Bundesnotarkammer eine Fernsignatur her, welche dann von den Beteiligten freigegeben wird. Die Freigabe erfolgt per TAN. Die TAN wird den Beteiligten im Rahmen des Signaturvorgangs auf ihr Handy geschickt. Diese Fernsignatur wird dann im Rechenzentrum der Bundesnotarkammer der Urkunde beigefügt.

Welcher Notar bietet die Online-Gründung künftig an?
Alle Notare werden die Online-Gründung anbieten. Doch muss der gewählte Notar auch zuständig sein. Hintergrund ist das sogenannte notarielle Amtsbereichsprinzip. Zuständig für Online-Gründungen sind Notare mit Amtssitz am Sitz der Gesellschaft oder mit Amtssitz am (Wohn)Sitz eines Geschäftsführers oder Gesellschafters. Über eine Suchmaske im Günder-Portal kann der zuständige Notar ausgewählt werden.
Wichtig zu wissen ist, dass der Notar die Beurkundung ablehnen muss, wenn er die Erfüllung seiner Pflichten im Rahmen der Beurkundung via Videokommunikation nicht gewährleisten kann. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn der Notar sich keine Gewissheit über die Person eines Beteiligten verschaffen kann, weil das Passbild und die äußere Erscheinung der Person nicht übereinstimmen. Daher ist es ratsam, Passbilder aktualisiert zu halten.

Können künftig noch weitere notarielle Beurkundungen online stattfinden?
Durch das neue Gesetz können GmbHs online gegründet werden.Neu geschaffenwerden auch die Online-Anmeldung zum Handelsregister, Partnerschaftsregister und Genossenschaftsregister. Bislang ist für diese Registeranmeldungen noch der Gang zum Notar erforderlich. Denn Registeranmeldungen bedürfen der öffentlich beglaubigten Form. Jetzt kann die Beglaubigung in dem beschriebenen Online-Verfahren erfolgen. Das bedeutet, dass z.B. GmbH- Handelsregisteranmeldungen, wie die Anmeldung von Geschäftsführewechseln, sowie Handelsregisteranmeldungen von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften, OHG und Einzelkaufleuten künftig vollständig online vorgenommen werden können. Der Notar beglaubigt dann die qualifizierte elektronische Signatur – wie aufgezeigt – mittels Videokommunikation.

Was geht noch nicht online?
Die Online-Beurkundung ist auf das Gesellschaftsrecht und bestimmte Registeranmeldungen beschränkt. Im Gesellschaftsrecht ist wie aufgezeigt nur die GmbH- Gründung online möglich. Andere Beurkundungen, wie beispielsweise die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen oder Beurkundungen in anderen Rechtsgebieten, wie beispielsweise dem Immobilien- oder Erbrecht, ermöglicht das neue Gesetz nicht.

Ist die Online-Gründung teurer als die herkömmliche Gründung?
Die Mehrkosten betragen 25,00 Euro für das Beurkundungsverfahrens mittels Videokommunikationssystem der Bundesnotarkammer. Die Mehrkosten einer Beglaubigung einer qualifizierten elektronischen Signatur betragen 8,00 Euro, wobei die Pauschale bei mehreren Beglaubigungen in einem Vermerk nur einmal anfällt.

Ab wann konkret wird die Online-Gründung angeboten?
GmbHs können ab dem 01. August 2022 online gegründet werden. Dasselbe gilt für Online-Handelsregisteranmeldungen.

Zusammengefasst …
… soll die GmbH-Gründung erleichtert und digitalisiert werden. Insbesondere der Zeit- und Verwaltungsaufwand soll reduziert werden. Ein großer und innovativer Schritt im Gesellschafts- und Beurkundungsrecht.

Christina Herbrand ist Rechtsanwältin
und Notarin in Bocholt und Inhaberin der KANZLEI HERBRAND. Über die MÜ12
Verlag GmbH erscheint ihre Kolumne LAW & Lipstick. Hier schreibt sie regelmäßig über aktuelle wirtschaftsrechtliche Themen.

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Christina Herbrand, LL.M. (Stellenbosch)
Rechtsanwältin und Notarin